Die Pille als Mineralstoff- und Vitaminräuber

Orale Kontrazeptiva sind in Europa die am häufigsten verwendeten Mittel zur Empfängnis­verhütung. Nach aktuellen Schätzungen nehmen über 6 Mio. Frauen in Deutschland regelmäßig „die Pille” ein. Im Alter zwischen 20–29 Jahren sind es 72 %, zwischen 20 und 44 Jahren ca. 55 % der Frauen in Deutschland (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung).

Unerwünschte Wirkungen oraler Kontrazeptiva wie Gewichts­zunahme, Stimmungs­schwan­kungen, aber auch Migräne, Blutdruck­anstieg und thrombo­embolische Ereignisse sind bekannt. Weniger im Fokus stehen Verände­rungen im Mikro­nähr­stoff­haushalt, die zu einem Mangel an Mineralien und Vitaminen führen können.

Mangel an Vitamin B6, B12 und Folsäure

Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva kann zu einem ausge­prägten Mangel an Vitamin B6 führen (15). Auch eine deut­liche Vermin­derung der Folsäure-Konzentration in Serum und Erythrozyten (16) sowie ein bis zu 65 % erniedrigter Vitamin B12-Spiegel (17) wurde in einer Reihe von Studien beschrieben.

Die Vitamine B6 und B12 sind an zahlreichen Stoffwechsel­prozessen beteiligt. Von einem Vitamin B6- oder B12-Mangel sind somit viele Funk­tionen des Körpers betroffen, z. B. die Bildung und Stabilität von Mem­branen, die Funktion von Nerven- und Immun­zellen oder die Wirkung von Hormonen. Mögliche Folgen sind z. B. neuro­logische Erkrankungen, Anämien, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Gedächtnis­störungen sowie eine eingeschränkte Immunkompetenz.

Folsäure steht in wechselseitiger Abhängigkeit zu Vitamin B12 und hat eine wesent­liche Bedeutung für eine „gesunde“ Zellteilung. Von besonderer Bedeutung ist ein Folsäure­mangel während der Embryo­genese. Ein Mangel an Folsäure gilt als eindeutiger Risiko­faktor eines Neuralrohr­defekts. Das Neuralrohr wird bereits zwischen dem 20. und 30. Schwanger­schaftstag ausgebildet. Weil zu diesem Zeitpunkt eine Schwanger­schaft häufig noch nicht bekannt ist, sollte eine Folsäure­substitution die orale Antikonzeption begleiten.

In Kombination führt ein Mangel an B6, B12 und Folsäure zu erhöhten Homocystein­spiegeln, da der Abbau bzw. die Methylierung gestört ist. Homocystein ist ein anerkannter Risiko­faktor für kardio­vaskuläre und thrombo­embolische Ereignisse und wirkt pro­oxidativ. Durch ausreichende Substitution der B-Vitamine lässt sich dieses Risiko deutlich senken.

Spurenelemente Magnesium und Zink

Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva führt häufig zu einem Magnesium- und Zink­mangel (18, 19). Ursache dafür sind eine verminderte Aufnahme und eine beschleunigte Ausscheidung. Magnesium wird vor allem für die Energie­gewinnung in den Mitochondrien der Zellen über ATP benötigt. Organe mit hohem Energie­bedarf reagieren besonders empfindlich auf einen Mangel – das sind Gehirn, Herz- und Skelettmuskel. Zink ist ebenfalls an regulato­rischen Prozessen von mehr als 300 Enzymen beteiligt und spielt eine besondere Rolle in der Proteinsynthese. Als Cofaktor von antioxidativ wirksamen Enzymen ist es an der Regu­lation von aktiven T-Lymphozyten beteiligt und fördert die Wund­heilung und eine stabile Mucosabarriere.

 

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Literatur:

15) Morris MS, Picciano MF, Jacques PF, Selhub J. Plasma pyridoxal 5‘-phosphate in the US population: the National Health and Nutrition Examination Survey, 2003-2004. Am J Clin Nutr. 2008; 87(5): 1446–54.

16) Shere M, Bapat P, Nickel C, Kapur B, Koren G. Association Between Use of Oral Contraceptives and Folate Status: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Obstet Gynaecol Can. 2015; 37(5): 430–8.

17) Lussana F, Zighetti ML, Bucciarelli P, Cugno M, Cattaneo M. Blood levels of homocysteine, folate, vitamin B6 and B12 in women using oral contraceptives compared to non-users. Thromb Res. 2003; 112(1–2): 37–41.

18) Akinloye O, Adebayo TO, Oguntibeju OO, Oparinde DP, Ogunyemi EO. Effects of contraceptives on serum trace elements, calcium and phosphorus levels. West Indian Med J. 2011; 60(3): 308–15.

19) Fallah S, Sani FV, Firoozrai M. Effect of contraceptive pill on the selenium and zinc status of healthy subjects. Contraception. 2009; 80(1): 40–3.

 

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