Pflanzliche Öle und ihr Beitrag zur Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren

Fette gehören neben Kohlenhydraten und Eiweiß zu den Haupt­kom­ponenten unserer Nahrung. Fette haben in der Öffent­lichkeit einen schlechten Ruf. Sie gelten als „Dickmacher“ und als Risiko­faktor für kardio­vaskuläre Erkrankungen.

Diese Betrachtungsweise ist jedoch einseitig, denn Fette erfüllen lebens­wichtige Funktionen als:

  1. wichtige Energieträger und mengenmäßig bedeutendste Energiereserve
  2. unersetzliche Baustoffe der Biomem­branen von Zellen und Organellen
  3. Substanzen der mechanischen und elektri­schen Isolierung von Zellen
  4. Präkursoren für Prostaglandine und Leuko­triene als hormon­ähnliche Substanzen mit wichtigen Regulationsfunktionen.

Nahrungsfette bestehen überwiegend aus Triglyceriden, die im Duodenum durch Gallen­salze emulgiert, durch Lipasen zu Mono­glyceriden und freien Fett­säuren gespalten und in dieser Form resorbiert werden. Die Fett­säuren sind struk­turell unter­schiedlich und können, wie in Abbildung 1 dargestellt, in verschiedene Gruppen eingeteilt werden.

Systematik der Fettsäuren

Abbildung 1: Systematik der Fettsäuren


Fettsäuren haben sehr unterschiedliche bioche­mische Funk­tionen, Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sogar antagonis­tische Wirkungen.

Die Nahrungsaufnahme stellt die primäre Quelle für Fette und damit für Fett­säuren dar, auch wenn der mensch­liche Organis­mus zu einer endogenen Synthese von gesättigten und in einge­schränkten Umfang auch von einfach ungesättigten Fettsäuren aus Grund­bausteinen wie Glucose befähigt ist. Die mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren können auf diesem Weg nicht gebildet werden.

Fett- und Fettsäureaufnahme über die Nahrung

Die D-A-CH-Referenzwerte (D-A-CH, 2021) für die Nährstoff­zufuhr nennen einen Richt­wert für die Fett­aufnahme bei Erwachsenen von 30 Energieprozent (En%). Dies entspricht bei einer Kalorien­zufuhr von 2.000 kcal/Tag einer Fett­aufnahme von maximal 65 g/Tag.

Betrachtet man die Änderung der Fettzufuhr zwischen den Jahren 1800 und 2000, so sieht man einen Anstieg der Fett­aufnahme auf 35–40 % der Energiezufuhr. Deutlich ansteigend ist auch die Auf­nahme der gesättig­ten Fett­säuren. Die physiologisch wichtigen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren weisen um 1800 noch ein Omega-6-/Omega-3-Verhältnis von ca. 2:1 auf, während es 2000 bei ca. 10:1 lag und damit deutlich über den Empfehlungen von 5:1 (Omega-6-/Omega-3) der Ernährungs­gesellschaften (D-A-CH, 2021).

Änderung der Fettzufuhr im 19. und 20. Jahrhundert

Abbildung 2: Änderung der Aufnahme von Fett und Fettsäuren (FS) im 19. und 20. Jahrhundert


Es ist daher anzustreben, die Zufuhr von gesättigten und von Omega-6 Fettsäuren zu reduzieren und die Versor­gung mit Omega-3-Fettsäuren zu verbessen. Die zunehmende Dysbalance zwischen der Zufuhr von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren hat auch erhebliche gesund­heitliche Auswir­kungen, z. B. hinsichtlich der Präven­tion von kardio­vaskulären Erkrankungen durch Omega-3-Fettsäuren.

Die Aufnahme von gesättigten und mehrfach unge­sättigten Omega-6-Fettsäuren sollte vermindert, die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren erhöht werden.

Fettsäurezusammensetzung pflanzlicher Öle

Bei der diätetischen Optimierung der Fett- und Fettsäure­zufuhr spielen pflanzliche Öle eine bedeutende Rolle. Ihre Zusammensetzung ist sehr unterschiedlich, und deren Kenntnis ist für eine gezielte Nahrungs­auswahl wichtig.

Abbildung 3 zeigt die Anteile gesättigter, einfach ungesättigter Omega-9-(ω-9) und mehrfach ungesättigter Omega-3-(ω-3) und Omega-6-(ω-6)Fettsäuren in 12 häufig verwendeten Ölen.

Fettsäuren in Speiseölen

Abbildung 3: Fettsäurezusammensetzung verschiedener gebräuchlicher Pflanzenöle. Bei den Angaben handelt es sich um Durchschnittswerte, die nach Anbaugebiet, Erntejahr, Verarbeitung, etc. schwanken können.

Gesättigte Fettsäuren

Gesättigte Fettsäuren finden sich vorwiegend in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Wurst, Schmalz und Milch sowie Milchprodukten. Während die DGE (DGE-Leitlinie 2015) empfiehlt, dass die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren 7–10 % der Gesamtenergiezufuhr nicht überschreiten soll, liegen die aktuellen Werte bei 15–16 %.

Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten nur wenig gesättigte Fettsäuren und der Ersatz von tierischen durch pflanzliche Fette kann einen wichtigen Beitrag zur Absenkung der Aufnahme von gesättigten Fettsäuren leisten. In Ölen liegen die gesättigten Fettsäuren überwiegend als langkettige gesättigte Fettsäuren vor, vor allem Palmitinsäure (16 C-Atome, keine Doppelbindung, C 16:0) und Stearinsäure (C 18:0). Die prozentualen Anteile gesättigter Fettsäuren schwanken zwischen 7 (Rapsöl) und 20 (Arganöl) %.

Sonderfall Kokosöl
Zwar besteht Kokosöl zu bis zu 89 % aus gesättigten Fettsäuren, doch liegen diese z. B. nur zu ca. 10 % als Palmitinsäure vor, während sog. mittelkettige Fettsäuren, wie Laurinsäure (C 12:0) mit ca. 45–50 % überwiegen. Ebenso finden sich kurzkettige Fettsäuren wie Capronsäure (C 6:0), Caprylsäure (C 8:0), und Caprinsäure (C 10:0), die beiden letztgenannten mit einem Anteil von je ca. 8 %. Kokosöl ist bei Raumtemperatur fest (Schmelzpunkt ca. 25 ⁰ C).

Die vermehrte Verwendung pflanzlicher Fette (Öle) bei gleichzeitiger Einschränkung tierischer Fette reduziert die Aufnahme gesättigter Fettsäuren.

Einfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-9)

Ölsäure (C 18:1) ist die mengenmäßig mit Abstand häufigste Omega-9-Fettsäure in Ölen, z. B. mit einem Anteil von 75 % im Olivenöl. Das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren liegt mit 9:1 in einem mittleren Bereich. Auch Rapsöl ist mit 62 % reich an Ölsäure bei einem gleichzeitig mit 2:1 günstigen Omega-6/Omega-3-Verhältnis, während Arganöl mit 45 % Ölsäure ein sehr hohes (340:1) und damit ungünstiges Omega-6/Omega-3-Verhältnis hat.

Olivenöl, vor allem in der Qualitätsstufe „Extra Virgine“, hat positive gesundheitliche Wirkungen. Es wirkt protektiv gegen kardiovaskuläre Erkrankungen, reduziert LDL und erhöht HDL, senkt proinflammatorische Zytokine (z. B. IL-6, TNF-α) und hat günstige Wirkungen auf die intestinale Mikrobiota mit einer Erhöhung der Diversität (Übersicht bei Gaforio et al., 2019; Marcelino et al., 2019). Durch seinen hohen Rauchpunkt von 190–210 ⁰C ist es auch zum Backen und Frittieren geeignet. Olivenöl und Rapsöl eignen sich dazu, Öle mit einem hohen Omega-6/Omega-3-Verhältnis zu ersetzen und dadurch das Gleichgewicht zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren günstig zu beeinflussen.

Öle, reich an Ölsäure, haben eigenständige gesundheitliche Wirkungen, können Omega-6-reiche Öle ersetzen und das Omega-6/Omega-3-Verhältnis günstig beeinflussen.

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren: Omega-3 und Omega-6

Die mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind essentiell und müssen daher ständig, in ausreichendem Maß und in einem ausgewogenen Verhältnis über die Nahrung zugeführt werden. Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren können nicht in einander umgewandelt werden.

Mehrfach ungesättigte Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren müssen ständig, in ausreichendem Maß und in einem ausgewogenen Verhältnis über die Nahrung zugeführt werden.

Die Empfehlungen der Ernährungsgesellschaften (D-A-CH, 2021) nennen ein wünschenswertes Verhältnis bezüglich der Aufnahme von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren (nachfolgend Ratio genannt) von 5:1.

Von den in Abbildung 3 dargestellten pflanzlichen Ölen hat Leinöl den weitaus höchsten Gehalt (ca. 55 %) an α-Linolensäure bei einer Ratio von 4:1. Noch etwas höhere Gehalte (ca. 60 %) finden sich in Chiaöl (aus der in Mittelamerika angebauten Chia-Pflanze) bzw. in Perillaöl (aus der in Südostasien angebauten Perillapflanze). Chia- und Perilla-Produkte werden häufig als sog. „Superfood“ bezeichnet. Mit Leinöl steht jedoch eine heimische Alternative zur Verfügung.

Auch Rapsöl, Hanföl und Walnussöl haben eine sehr günstige Ratio Omega-6/Omega-3, während Öle wie Maiskeimöl, Sonnenblumenöl, Distelöl und vor allem Arganöl eine ungünstige Ratio aufweisen.

Leinöl, Rapsöl, Hanföl und Walnussöl können die Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren verbessern, während Maiskeim-, Sonnenblumen-, Distel- und Arganöl eher ungünstig sind.

Während α-Linolensäure und Linolsäure vor allem über pflanzliche Lebensmittel aufgenommen werden, erfolgt die Zufuhr von langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren primär über tierische Produkte, vor allem fetter Fisch, bzw. über Nahrungsergänzungsprodukte wie Fischöl oder das vegane Algenöl.

Nach dem in Abbildung 4 dargestellten Schema können prinzipiell vom menschlichen Organismus auch langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren gebildet werden. Das Ausmaß dieser Bildung von Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) aus α-Linolensäure bzw. der Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure (AA) aus Linolsäure ist jedoch limitiert. Die kann darauf beruhen, dass die hierfür erforderlichen Desaturasen und Elongasen beim Menschen – im Gegensatz zu manchen Tierspezies (z. B. Fischen) – eine geringe Aktivität ausweisen. So kann α-Linolensäure nur sehr eingeschränkt zu EPA und praktisch gar nicht zu DHA umgewandelt werden (Burdge and Calder, 2006; Stossier und Bayer, 2009).

Metabolisierungswege der Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren

Abbildung 4: Metabolisierungswege der Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren aus den Ausgangssubstanzen Linolsäure und α-Linolensäure


Die endogene Bildung langkettiger mehrfach unge­sättigten Fett­säuren aus a-Linolensäure und Linolsäure ist beim Menschen limitiert.

Die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA haben einen festen Stellen­wert in der Prävention und Therapie kardio­vaskulärer Erkrankungen, haben anti­inflammato­rische Wirkungen bei chronisch entzünd­lichen Erkrankungen und werden bei zahlreichen weiteren Indika­tionen eingesetzt (siehe z. B. Guo et al., 2019, Harris et al., 2021).

Wenngleich in der kardiovaskulären Präven­tion EPA und DHA im Vorder­grund stehen, wurden in den letzten Jahren jedoch vermehrt Arbeiten publiziert, die z. B. bei kardio­vaskulären und entzünd­lichen Erkran­kungen und hinsichtlich einer Verminderung des Diabetes-Typ-2-Risikos (Cavina et al, 2021, Fleming and Kris-Etherton, 2014, Sala-Vila et al., 2022) auch für α-Linolen­säure positive gesund­heitliche Effekte einer höheren Aufnahme belegen.

Während das Omega-6-reiche Sonnenblumenöl die Bildung pro­inflammato­rischer Zytokine begünstigt (Masi et al., 2012), hat Leinöl eine anti­inflammatorische Wirkung mit Absen­kung der Serum IL-6-Konzen­trationen (Akrami et al., 2020) bei Patienten mit metabolischem Syndrom.

α-Linolensäure hat anti-entzündliche Wirkungen und kann zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen beitragen.

Fazit

Die Fettaufnahme in Deutschland liegt über den Ernährungs­empfehlungen. Dies gilt vor allem für gesättigte sowie mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren, während die Aufnahme mehr­fach ungesättigter Omega-3-Fettsäuren niedrig ist und erhöht werden sollte.

Mehrfach ungesättigte Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind essentiell, können also vom Menschen nicht selbst gebildet werden und müssen ständig, in ausreichen­dem Maß und in einem ausge­wogenen Verhältnis über die Nahrung zugeführt werden.

Pflanzliche Öle haben eine wesentliche Bedeutung im Hinblick auf eine opti­mierte Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren, wobei Leinöl, Rapsöl, Hanföl und Walnussöl günstig, Maiskeim-, Sonnenblumen-, Distel- und Arganöl eher ungünstig sind.

Die positiven biomedizinischen Wirkungen von α-Linolensäure, unabhängig von EPA und DHA, konnten in den vergangenen Jahren zunehmend herausgearbeitet werden.

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Weitere Publikation zum Thema:

Broschüre Fettsäuren (PDF 2 MB)

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Literatur:

Akrami, A. et al.: A comparative study of the effect of flaxseed oil and sunflower oil on the coagulation score, selected oxidative and inflammatory parameters in metabolic syndrome patients. Clin. Nutr. Res. 2020; 29: 63–72

Burdge, G. C. and Calder, P. C.: Dietary alpha-linolenic acid and health related outcomes: a metabolic perspective. Nutr. Res. Rev. 2006; 19: 26–52

Cavina, M. et al.: Supplementation with alpha-linolenic acid and inflammation: a feasibility trial. Int. J. Food. Sci. Nutr. 2021; 72: 386–390

D-A-CH: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Umschau-Braus-Verlag, 7. Auflage, 2021

DGE-Leitlinie „Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsbedingter Krankheiten, 2. Version 2015

Fleming, J. A. and Kris-Etherton, P. M.: The evidence for α-linolenic acid and cardiovascular disease benefits: Comparisons with eicosapentaenoic acid and docosahexaenoic acid. Adv. Nutr. 2014; 5: 863S–876S

Gaforio, J. J. et al: Virgin olive oil and health: Summary of the III. international conference on virgin olive oil and health consensus report. Nutrients 2019; 11: 2039, doi: 10.3390/nu11092039

Guo, X. F. et al.: Effects of EPA and DHA on blood pressure and inflammatory factors: a meta-analysis of randomized clinical trials. Crit. Rev. Food Sci. Nutr. 2019; 59: 3380–3393

Harris, W. S. et al.: Blood n-3-fatty acid levels and total and cause-specific mortality from 17 prospective studies. Nat. Commun. 2021; 12: 2329, doi: 10.1038/s41467-021-22370-2

Masi, L. N. et al.: Sunflower supplementation has proinflammatory effects and does not reverse insulin resistance in obesity induced by high-fat diet in C57BL/6 mice. J. Biomed. Biotechnol. 2012; 945131, doi: 10.1155/2012/945131

Marcelino, G.: Effects of olive oil and ist minor components on cardiovascular disease, inflammation and gut microbiota. Nutrients 2019; 11: 1826, doi: 10.3390/nu11081826

Sala-Vila, A. et al.: Impact of α-linolenic acid, the vegetable ω-3-fatty acid, on cardiovascular disease and cognition. A meta analysis. Adv. Nutr. 2022; 13: 1584–1602

Stossier, H. und Bayer, W.: Studie zum Einfluss von Leinöl und Fischöl als Quellen für Omega-3-Fettsäuren auf den Fettsäurestatus. Zs. f. Orthomol. Med. 2009; 7: 11–15

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